Hinsichtlich der Fische kommt in Tschernobyl allerdings noch ein anderer Gesichtspunkt hinzu. Der Grund, weshalb der Kühlsee getrennt vom Fluss steht, liegt in den Emissionen radioaktiver Partikel ins Abwasser. Diese Partikel, vornehmlich Tritium, fallen während des Normalbetriebs eines jeden Kernkraftwerks an. Zwar ist die Halbwertszeit und Aktivität in einem überschaubaren Bereich, weshalb diese Abwässer vor Einleitung einige Zeit zurück gehalten werden, die Grenzwerte bei denen diese allerdings wieder eingeleitet werden sind weitaus höher als in unseren Breitengraden.
Dass überhaupt Fische in dem Kühlsee sind, ist einem Projekt von 1979 zu verdanken, bei dem man Fische für die Lebensmittelindustrie künstlich züchten wollte. Das Fischen im dem See war allerdings nach wie vor weder gern gesehen, noch gestattet. Um 1980/81 entnahm ein Unternehmen aus Ivankiv regelmäßig Fische und verkaufte sie. Die wurden dafür auch später rechtlich verurteilt. Jedenfalls wiesen die Fische über den Testzeitraum bereits nach zwei Jahren einen hohen Gehalt an Strontium-90 auf. Strontium kann übrigens nur austreten, wenn ein Brennelement ein Leck hat.
Verspeisen kann man die Fische jedenfalls guten Gewissens nicht. Anders ist es bei andern RBMK-Kernkraftwerken. Sowohl das Kernkraftwerk Kursk, das Kernkraftwerk Smolensk und das Kernkraftwerk Leningrad züchten Fische in Zuchtkästen am Rücklauf. Da die Kernkraftwerke Smolensk und Leningrad allerdings an natürlichen Reservoirs liegen, Leningrad am finnischen Meerbusen, müssen diese standardmäßig ganz andere Emissionswerte für das Abwasser einhalten, weshalb die freigelassene Aktivität weiter und derer liegt, die Tschernobyl in seinem Kühlsee freigesetzt hatte. In der Russischen Föderation lagen schon zu Sowjetzeit die Grenzwerte niedriger, weshalb das für Kursk ebenfalls keine Rolle spielt.